Brügge – Flandern

Als die Wikinger auf der Suche nach Beute in Flandern eindrangen, nutzten sie dazu die Flüsse und fuhren auf ihnen so weit ins Landesinnere wie möglich.
Als sie nicht mehr weiter kamen, setzen sie ihre Schiffe ans Ufer, bauten an der Stelle ein Lager und unternahmen von dort aus Streifzüge ins Landesinnere. Diesen Ort nannten sie Bryghia.

Im 9. Jahrhundert wurde an der Stelle des zukünftigen Brügge von Balduin dem I. eine Burg gebaut, um mit ihrer Hilfe die Einfälle der Wikinger aufzuhalten, was wohl auch gelang. Im Laufe der Zeit entstand, wie an vielen anderen Orten, um die Burg herum eine Siedlung. Die 1128 das Stadtrecht erhielt. Brügge.

Im Spätmittelalter war Brügge eines „der“ Zentren der Textilindustrie und des Fernhandels (Tuche als Flandern waren sehr begehrt). Dies bescherte der Stadt einen geradezu unverschämten Reichtum. Was man auch an allen Ecken und Enden sieht. Ich habe bisher noch keinen Altstadtkern gesehen der so reichhaltig ausgestattet ist. Brügge hatte im Spätmittelalter sogar einen überdachten Hafen, der recht groß war. Eine Einzigartigkeit im Europa des späten Mittelalters. Er befand sich an der Stelle an der sich heute die Gebäudereihe befindet, die vom Historium und dem Biermuseum begrenzt wird. Leider wurde er im 18. Jahrhundert abgerissen.

Brügge ist glaube ich die Stadt Europas, deren Spätmittelalterlicher Stadtkern mit am besten erhalten geblieben ist. Was mehreren Umständen geschuldet ist. Die Stadt hatte unglaubliches Glück und auch Gönner, wodurch die Stadt in keinem Krieg großartig beschädigt wurde. Als viele Städte damit beschäftigt waren das alte nieder zu reißen, um Platz für die Moderne zu schaffen, war dafür in Brügge einfach kein Geld vorhanden. Und als das Geld dann wieder da war, entschied man das Werk der Vorväter nicht einzustampfen, sondern es zu erhalten.
So das vieles das woanders niedergelegt wurde, in Brügge erhalten ist. Aber auch bei Neubauten gibt sich die Stadt Mühe, diese dem historischen Altbestand optisch anzupassen. So das der Blick über diese Bauten hinweg sieht, ohne das sie ins Auge stechen.
Sogar Teile der Stadtgräben und Stadtwälle sind noch erhalten. Auf den Stadtwällen standen im Mittelalter Windmühlen, in welcherndie Städter Mehl, Öl, etc. gewannen.
Von den ursprünglichen Mühlen sind nur noch zwei erhalten. Die Stadt hat jedoch aus anderen Landesteilen alte Mühlen aufgekauft und diese auf den Wällen aufgestellt. So das dort momentan
wieder vier Mühlen stehen.

Wenn man sich der Altstadt vom Bahnhof aus nähert sieht zunächst nur die Spitzen der größeren Gebäude über grün hinausragen, den Belfried, die liebe Jungfrau und San Salvador. Sobald man jedoch die Straße und wenige Meter in den Altstadtkern vorgedrungen ist, kommt man sich vor wie auf einer Zeitreise. Würden die Menschen die sich in der Stadt bewegen entsprechende Kleidung tragen, sich dort nichts elektrisches, sowie keine Autos, Fahrräder, etc. befinden. Wäre das mittelalterliche Bild stimmig.
Aber auch so bietet die Stadt ein absolut stimmiges Bild.
Da der mittelalterliche Stadtkern von Brügge im Vergleich zu den Stadtkernen der Mark Brandenburg und auch denen Süddeutschlands wirklich groß ist, sollte man sich ordentlich Zeit nehmen. Wir hatten vier Tage eingeplant und waren fest davon überzeugt das diese reichen würden. Wir hatten sogar darüber nachgedacht noch einen Ausflug nach Gent zu unternehmen. Im Nachhinein betrachtet war das eine sehr ehrgeizige Zeitplanung.
Zwar haben wir es geschafft alles zu sehen was wir sehen wollten, dafür waren wir aber auch jeden Tag sechs Stunden stramm unterwegs.
So das wir nach vier Tagen glücklich über die Eindrücke, ziemlich fertig und auch satt waren. Da man in Brügge an fast jeder Ecke auf wundervolle Gebäude stößt, ist man davon irgendwann schier überflutet.

Um es mal in vergleichen auszudrücken. Tangermünde ist eine Perle in die ich mich auf den ersten Blick verliebt habe, Schwäbisch Hall ist eine Augenweide an der ich mich nicht satt sehen kann, Brügge ist einfach nur Atemberaubend, an jeder Ecke überfällt mich entzücktes Erstaunen.
Es ist mir ein Rätsel warum die schöne und liebreizende Baukunst der Gotik jemals aufgegeben und statt dessen durch kalte eckige Formen aus Beton, Glas und Stahl ersetzt wurde.

Ich finde Brügge ist ein absolutes Muss für jeden Spätmittelalterlbegeisterten, Freund gotischer Baukunst und Liebhaber mittelalterlicher Stadtkerne. Sowie für Freunde lebenswerter Städte.

Brügge ist aber leider auch alles andere als Preiswert. Die Unterkünfte sind im Vergleich zu anderen Orten ein gutes Stück teurer und Essen gehen geht richtig ins Geld. Weshalb wir empfehlen würden in einer Ferienwohnung Unterkunft zu suchen. So das man nicht immer Essen gehen muss.
Da Brügge auch ein sehr beliebter Touristenort ist, wird die Stadt förmlich von Touristenwellen überspült. Weshalb wir uns den Februar ausgesucht hatten, in der Hoffnung das es zu der Zeit etwas leerer ist. Was auch so war. Mit etwas Geduld schafft man es Fotos zu machen ohne das sich Menschenscharen dazwischen schieben und muss nirgends lange anstehen.
Jedoch hat der Februar dafür den Nachteil das man das „draußen Leben“ in Brügge nicht genießen kann. Was man zwar ahnt wenn man die Stadt durchwandert, aber eben halt leider nicht erleben kann.