Alle drei Stadtteile Schwäbisch Halls waren von einer Stadtmauer mit Wehrbauten umgeben. Die Altstadt mit 1710 Metern, die Gelbinger Vorstadt mit 1028 Metern und die Vorstadt jenseits Kochens mit 1336 Metern Stadtmauer. Insgesamt verfügten die Stadtmauern über 57 Wehrbauten von denen 18 große und kleine Stadttore waren.
Die Haupttoren waren das Langenfelder Tor, das Gelbinger Tor, das Riedener Tor und das Weiler Tor.
Durch die Veränderungen der Waffentechnik, vor allem dem Aufkommen der Büchsen, veränderten sich natürlich auch die Anforderungen die an eine Befestigung gestellt wurden. Schwäbisch Hall versuchte den sich ändernden Anforderungen gerecht zu werden, indem sie die Stadtbefestigung über die Jahre ausbauten und verstärkten.
Nach der Errichtung der ursprünglichen Stadtbefestigung lassen sich weitere Bauphasen feststellen, in denen die Stadtbefestigung ausgebaut wurde. Wobei die Ausbauenten vor allem darin bestanden weitere Türme zu errichten und die Stadtgräben zu vertiefen.
So wurden 1490 der Schneewasserturm, der Pulverturm und das Riedener Tor errichtet. 1515 folgten der Herzensnest Turm, der Mantel Turm, der Herzel Turm, der Winzer Turm, der Haspel Turm, das Mühlbollwerk, der Decken Turm, das äußere Langenfelder Tor, das Klötzle Tor, der Pechnasen Turm, das Rotsteg Tor und das Bad Törle. Und wo man schon dabei war wurde der Pulverturm gleich noch mal ein Stück erhöht. Kurz darauf wurde dann noch der Wetzel Turm und die Worler Bastei errichtet. Die Letzten Ausbaumaßnahmen waren 1525 eine durch die Bauernkriege motivierte allgemeine Verstärkung der Festungsanlage, 1534 die Errichtung des jüngeren Eichtors und 1543 die Errichtung des neuen Tors.
Trotz alle Bemühungen die Stadtbefestigung immer wieder zu optimieren, war das Gelände um Hall für eine Befestigung nicht gerade ideal. Den die Hügel, zwischen denen Schwäbisch Hall liegt überragen die Stadt. So das sich die Stadt gegen Beschuss von dort nicht schützen konnte. Um Beschuss von dort zu unterbinden hätte das städtische Aufgebot ausrücken müssen. Aber die Salzquelle, der Grundstock von Halls Reichtum lag nun mal dort wo sie lag. Also musste man mit dem zurechtkommen was man hatte.
Die Stadtmauern
Die Stadtmauern sind aus Naturstein errichtet, wiesen eine durchschnittliche Höhe von 11,50 m auf und besaßen eine stärke von 1,60 bis 1,75 Metern. Der an ihrer Krone entlang laufende Wehrgang hatte eine Höhe von 2,20 m. Der die Brüstung bildende Teil der Stadtmauer hatte eine Dicke von 0.7 m. Die Krone der Mauern und damit die Wehrgänge, waren teilweise mit Zinnen bewehrt. Der Laufgang des Wehrgangs bestand zu einem Teil aus der Steinernen die Fläche der Stadtmauer. Verbreitert wurde der Gang durch eine Holzplattform der von innen in die Mauer eingehängt wurde. Zum Ende des Spätmittelalters wurde der Wehrgang überdacht.
Die Zinnenlücken waren so breit das man sich durch sie hindurch lehnen und über die Mauer gelehnt auch deren Fuß einsehen konnte. Auf größeren Mauerabschnitten befanden sich zwischen den Zinnenlücken Sehschlitze die eine sichere Beobachtung der Angreifer ermöglichten.
Angreifer wurden von den Zinnen aus mit Bögen und Armbrüsten beschossen, mit Wurfgeschossen bedacht und mit Flüssigkeiten übergossen. Man bewarf sie mit Bienenkörben, Steinen sowie Pechringen und übergoss sie mit kochendem Wasser, Öl. Kalk, Blei und Pech. Auch hängte man lange und schwere mit Dornen versehene Baumstämme über die Mauer, um sie auf Angreifer herabfallen zu lassen.
Leider ist von den Stadtmauern nur noch sehr wenig erhalten. Lediglich an ein paar verbliebenen Türmen und am Büchsenhaus finden wir noch Reste der alten Stadtmauer.
Die Türme
Zur Stärkung der Verteidigungskraft verfügte die Stadtmauer über Türme. Zur Zeit ihrer Fertigstellung verfügte die Stadtmauer nur über eine geringe Anzahl von Türmen. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts wurde ihre Anzahl jedoch deutlich erhöht. Die Türme waren in etwa 14 bis 24 Meter hoch und wiesen unterschiedliche Grundformen auf. Einige verfügten über eine rechteckige Grundform, andere über eine runde und wider andere hatten eine halb runde Form. Bei der halb runden Form handelt es sich um Wiektürme. Wie z.B. der Scharfrichterturm. Diese waren zur Feldseite hin durch eine Mauer geschützt. Zur Stadtseite hin waren sie jedoch offen, da es zu dieser Seite hin keines Schutzes bedurfte. Und sollte ein Feind den Turm einnehmen, fände er in diesem zur Stadtseite hin keine Deckung.
Die älteren Türme verfügten über keinerlei Schießscharten. Die Maueröffnungen in diesen Türmen dienten nur der Beobachtung, zum schießen boten sie nicht genug Platz. Die Dächer auf den Türmen wurden erst später aufgesetzt, vorher bestanden die Dächer der Türme aus einer Plattform. Darauf deuten noch Regenwasserabflüsse in der Böden der ehemaligen Plattformen hin.
Statt durch Schießscharten wurde der Feind von diesen Plattformen aus attackiert. Das geschah durch auf den Plattformen errichtete Wurfmaschinen, Bogen sowie Armbrustschützen und natürlich das Bewerfen und Begießen mit allerlei Dingen.
Die jüngeren Türme dagegen, wie z.B. der Pechnasenturm, verfügen über Schlüssellochscharten. Durch diese konnten die Angreifer mit Hakenbüchsen beschossen werden. Um die Hakenbüchsen im unteren Bereich der Schießscharte ablegen und hinter der Mauer einhaken zu können, wurden in dem Bereich aus Holz bestehende Ablagebalken eingemauert, die den Rückschlag abfederten.
Zum besseren Abzug des Pulverdampfes verfügten die Decken über Abzugslöcher, durch die der Pulverdampf abziehen konnte.
Das Untergeschoss einiger Türme wurde als Verlies genutzt. Bei diesen Türmen lag der Eingang in einem oberen Geschoss. So das man nur über den Wehrgang in den Turm gelangte. Die Gefangenen wurden über eine Bodenöffnung des über dem Verlies liegenden Raumes ins Verlies herabgelassen. Diese Öffnungen wurden als Angstlöcher bezeichnet.
Die Tore
Von den ehemaligen Stadttoren sind noch ein paar erhalten. Das Sulfator, das Bad Törle, das Langenfelder Tor, das Rotsteg Tor und das Weiler Tor.
Das Langenfelder Tor und das Weiler Tor waren im 15. Jahrhundert große imposante und Toranlagen.
Das Weiler Tor bestand aus einem Doppeltor, das von einem Turm flankiert wurde. Das innere Tor bildete ein hoher Torturm, das äußere Tor bestand aus einem kleineren Torhaus. Welches nach außen durch eine Zugbrücke gesichert wurde. Im herunter gelassenem Zustand überbrückte diese den Graben zwischen dem Tor und einer kurzen steinernen Brücke. An deren anderen Ende nochmals ein einfaches Tor stand.
Das Langenfelder Tor bestand aus zwei rechteckigen Tortürmen, einem Zwingerbereich und einem Vorhof. Später wurde dem Langenfelder jenseits des Grabens ein weiteres Tor, das Klötzles Tor vorangestellt.
Der Torturm des inneren Langenfelder Tors war kleiner als der des äußeren Langenfelder Tors. Von ihm aus gelangte man, die Stadt verlassend, durch einen Zwingergang zum äußeren Langenfelder Tor. Dieses wurde von einem Mächtigen, 37 Meter hohem Torturm gebildet. Ging man durch diesen Turm hindurch, weiter Richtung Stadtausgang, gelangte man in einen kleinen Hof. Dieser war dem äußeren Langenfelder Tor vorgelagert und befand sich somit zwischen dem Tor und dem Stadtgraben. An den Innenseiten der Hofmauern, entlief entlang ihrer Krone ringsherum ein Wehrgang. Von diesen aus konnte ein Feind dem es gelungen war in diesen Bereich einzudringen attackiert werden. Aus dem Hof heraus führte eine Zugbrücke über den Schiedgraben. An der zum Schiedgraben weisenden Außenseite waren im oberen Bereich der Mauer zwei kleinere, die Zugbrücke links und rechts flankierende Türme aufgesetzt.
An der Stadtmauer dieses Tores wurde wahrscheinlich auch der „Widder“, der städtische Rammbalken aufgehängt. Den die schwäbisch Haller 1441 bei der Eroberung Marienfels und Neufels eingesetzt hatten.
Weniger aufwändig gestaltete Tore waren z.B. das Sulfer Tor. Sein Ausgang führte weder über eine Zugbrücke, noch über irgend eine andere Brücke. Er führte direkt in den Kocher durch eine Furt auf das Grasbödele.
Oder das Bad Törle das zum Erkenbad hinab führte. Zwar hatte es auch ein Vortor, das bestand jedoch aus einem einfachen Mauerdurchlass der durch ein Tor verschlossen wurde
Die Stadtgräben und Zwinger
Vor der kocherseitigen Stadtmauer bildete der Fluss ein natürliches Hindernis, das einen Angriff der Mauer erschwerte. An den Mauerseiten die nicht vom Fluss geschützt waren, schützte man diese durch tiefe Gräben und Zwinger. Die Gräben hatten eine ungefähre Tiefe von fünf Metern und waren wahrscheinlich um die 12 bis 20 Meter Breit. Ihre Seitenrändern waren mit Mauerwerk ausgefüttert. So das die Gräben an ihren Seitenkanten über ein senkrechtes Gefälle verfügten. Zwischen Stadtmauer und Stadtgraben stand eine Zwingermauer. Würden die Angreifer es schaffen den Graben zu durchqueren, müssten sie zunächst die Zwingermauer überwinden. Um sich dann vor der hoch aufragenden Stadtmauer in einem schmalen Gang wiederzufinden. In dem sie recht wenig Platz zum agieren und Leitern aufstellen hätten.
Leider ist von den Gräben nur noch ein Stück des Schiedgraben erhalten.
Der vor der Vorstadt jenseits Kochens gelegene Hirschgraben erhielt seinen Namen daher das in ihm Hirsche gehalten wurden.
Die Stadtbüchsen
Wie sich die Stadtbefestigung im Laufe des Spätmittelalters der sich verändernden Waffentechnik anpasste, tat es auch das Hallische Zeug. Bis zum beginn des 15. Jahrhunderts lagerten in den Zeughäusern Armbrüste, Pfeile, etc. und auf den Türmen standen Wurfmaschinen. Im laufe des 15. Jahrhunderts wurden Armbrüste und Wurfmaschinen langsam aber stetig von den Büchsen verdrängt. So das die Haller im 15. Jahrhundert auch Handbüchsen, wie Hakenbüchsen, und größere Geschütze in ihrem Büchsenhaus verwahrten.
Im Erdgeschoss des großen Büchsenhauses wurden in Friedenszeiten die nicht fest positionierten Geschütze, die städtischen Handbüchsen, Blei, Pulver, Steinkugeln, Lunten und Pechkränze aufbewahrt. Sowie die in Streitigkeiten gewonnen Trophäen. Wie die aus dem Bauernkrieg und eine Fahne von der Belagerung zu Neuss (1474).
Im Bauernkrieg wurden die vier Haupttore und die Henkersbrücke mit Geschützen bestückt. Auf dem Marktplatz standen sieben Feldgeschütze als schnelle Eingreifreserve. Nachts wurden Laternen aufgestellt um die Umgebung zu erhellen und in den Stadtgräben wurden Gitterartig Bretter ausgelegt. Durch die Nägel hindurch getrieben wurden, deren Spitzen aufwärts wiesen und als Trittfallen dienten.
Im Mittelalter war es Brauch den Geschützen einen persönlichen Namen zu geben. Diesem Brauch folgten natürlich auch die Haller Bürger.
Eine paar der Namen mit denen die Haller ihre Geschütze bedachten, sind uns noch bekannt: Das städtische Hauptgeschütz, „Der Drache“, der 1486 vom Weiler Tor aus 500 Meter weit bis zum Galgenberg schoss, „Die grosse buchsen“, die sich Herzog Ulrich von Württemberg 1504 von den Hallern lieh und „der Baur, der Narr, die Maisz, der Goll und der Finckh“.