Das Hávamál ist eine Sammlung von Strophen in denen Odin den Menschen Rat gibt. Es ist ein Teil der Edda und soll angeblich soll es schon im 10. Jahrhundert bekannt gewesen sein.
Als ich das Hávamál das erste mal gelesen hatte, war ich überrascht darüber. Ich hätte nicht erwartet „wikingerzeitliche“ Verse zu finden, die Ratschläge über gutes, bzw. vernünftiges Verhalten beinhalten.
Stellen sie doch eher das Gegenteil dessen dar, was im allgemeinen von den Wikingern erwartet wird. Werden Germanen und Wikinger im allgemeinen doch eher als rohe Gesellen dargestellt, deren Freude vor allem im Trank und in der Schlacht liegt, nebst einem gewissen Hang zu Raub und Plünderung.
Was am Hávamál auch sehr schön zu sehen ist, ist das Odin nicht nur Weisheit besitzt, sondern ihm auch Sitte, Wohlverhalten und gutes Benehmen wichtig sind.
So wird geraten sich unter fremden eher zurückhaltend und unauffällig zu verhalten.
Doch steife sich Niemand auf seinen Verstand.
Acht hab er immer.
Wer klug und wortkarg zum Wirte kommt
schadet sich selten.
Denn festeren Freund als kluge Vorsicht,
mag der Mann nicht haben.
Vorsichtiger Mann, der zum Male kommt,
schweigt lauschend still.
Mit Ohren horcht er, mit Augen späht er
und forscht zuvor verständig.
Ein unkluger Mann, der zu Andern kommt,
schweigt am Besten still.
Niemand bemerkt, das er nichts versteht,
so lang er zu sprechen scheut.
Nur freilich weiß wer wenig weiß
auch das nicht, wann er schweigen soll.
Selig ist, wer selbst sich mag
Im Leben löblich raten.
Denn übler Rat wird oft dem Mann
aus des Andern Brust
Dem Trank soll man unter fremden nur mäßig zusprechen, um sich nicht unvernünftig oder ungebührend zu verhalten.
Nicht übleren Begleiter gibt es auf Reisen,
als Betrunkenheit ist.
Und nicht so gut als Mancher glaubt
ist Äl den Erdensöhnen,
Denn um so minder je mehr man trinkt,
hat man seiner Sinne Macht.
Lange zum Becher nur, doch leer ihn mit Maß,
sprich gut oder schweig.
Niemand wird es ein Laster nennen,
wenn du früh zur Ruhe fährst.
Zwar soll der Mann wehrhaft sein und sich nicht feige verhalten.
Von seinen Waffen weiche Niemand
einen Schritt im freien Feld.
Niemand weiß unterwegs wie bald
er seines Speers bedarf.
Der Unwerte Mann meint ewig zu leben,
wenn er vor Gefechten flieht.
Das Alter gönnt ihm doch endlich nicht Frieden.
Obwohl der Speer ihn spart.
Und doch wird das Leben gegenüber dem Tod vorgezogen, auch wenn es nicht heldenhaft ist.
Leben ist besser, auch Leben in Armut.
Der Lebende kommt noch zur Ruhe.
Feuer sah ich des Reichen Reichtümer fressen,
und der Tod stand vor der Tür.
Der Hinkende reite, der Handlose hüte,
der Taube taugt noch zur Tapferkeit.
Blind sein ist besser als verbrannt werden.
Der Tote nützt zu nichts mehr.
Auch soll man sich nicht über andere erheben und sich über sie lustig machen, noch über das Alter spotten.
Der Armselige, Übelgesinnte
hohnlacht über alles
Und weiß doch selbst nicht was er wissen sollte,
das er nicht fehlerfrei ist.
Der alberne Geck, gewinnt er etwa
Gut oder Gunst der Frauen,
Gleich schwillt ihm der Kamm, doch die Klugheit nicht.
Nur im Hochmut nimmt er zu.
Laster und Tugenden liegen den Menschen
in der Brust beieinander.
Kein Mensch ist so gut, das nichts ihm mangle,
noch so böse, das er zu nichts nützt.
Haarlosen Redner verhöhne nicht.
Oft ist gut was der Greis spricht.
Aus welker Haut kommt oft weißer Rat.
Hängt ihm die Hülle gleich,
schrinden ihn auch Schrammen,
der unter Wichten wankt.
Man soll den Wert guten Freund erkennen und Freundschaften gut pflegen.
Ein Umweg ist es zum untreuen Freunde,
wohnt er gleich am Wege.
Zum trauten Freunde führt ein Richtsteig,
wie weit der Weg sich wende.
Freunde sollen mit Waffen und Gewändern sich erfreuen,
den schönsten, die sie besitzen.
Gab und Gegengabe begründet Freundschaft,
Wenn sonst nichts entgegen steht.
Weist du den Freund, dem du wohl vertraust
und erhoffst du Holdes von ihm,
so tausche Gesinnung und Geschenke mit ihm,
und suche manchmal sein Haus heim.
Gewannst du den Freund, dem du wohl vertraust,
so besuche ihn nicht selten.
Denn Strauchwerk grünt und hohes Gras.
Auf dem Weg, den Niemand wandelt.
Auch kleine Aufmerksamkeiten sind es Wert gegeben zu werden,
Die Gabe muss nicht immer groß sein.
Oft erwirbt man mit Wenigem Lob.
Ein halbes Brot, eine Neige im Becher
Gewann mir wohl den Gesellen.