Vendelzeitlicher Helm |
Die Ehre ist das zentrale Wesen des Mannes und wohl auch der Frau. |
die der gekränkte um seines Lebens Willen haben muss, und soll.
Zwei Dinge sind für die rechte Rache wichtig, das der Kränker durch Waffen
fällt, und das die Waffe von dem gekränkten geführt wird.
Wenn der Töter vor dem Ausgleich der Sache auf andere Art umkam, eines
natürlichen Tod starb oder verunglückte, so hatten die gekränkten nicht
weniger Anspruch auf ihre Rache.
Sie mussten sich dann an die Verwandten des Kränckers halten, oder aber auch
wenn er ihnen lebendig entwischte, z.B. diesen Zeitpunkt wählte um zu vereisen
und sich in der Welt umzusehen, etwa um bei Königen fremder Länder gute Sitten
zu lernen.
Auch empfand die gekränkte Sippe es nicht als Genugtuung, wenn der Täter von
der Hand eines unbeteiligten dritten fiel, ihre Rache stand noch aus, denn sie
hatten nicht für ihren Verwandten Ehre erhalten.
Nun musste aber der Gegner notwendigerweise eine Ehre haben, sollte die Kränkung
an ihr wieder gut gemacht werden können.
Der unglücklichste Tod für einen Mann war von einem unfreien getötet zu werden,
besonders dann wenn dieser auf eigene Faust handelte und kein Mann von Ansehen
als Anstifter dahinter stand.
Denn ein unfreier hatte keine Ehre die man von ihm hätte erhalten können. Wurde ein
Mann Dieb oder Feigling genannt, was er nicht war, oder Bartlos was sich vielleicht
nicht bestreiten ließ, musste er wenn er seine Würde behalten wollte vollen und
ganzen Ersatz seiner Ehre für die Anschuldigungen erhalten.
Ein Individuum das Schande an sich haften lässt, ist unter Männern nichts mehr Wert, es kann künftig nicht mehr den Schutz |
Egill Skallagrímsson |
der Gesetze fordern.
Wird ein Mann feige geschimpft, und rächt er sich nicht durch
Herausforderung und Sieg, so IST er feige und rechtlos.
Ein Mann der es unterlässt eine Kränkung zu rächen ist ein Neiding.
In dem Hause wo ein Gesippe ungerächt liegt, herrscht kein voller und
wahrer Friede.
Der Hochsitz ist leer, dort darf niemand sitzen bis die Ehre
wiederhergestellt ist. Die Männer halten sich fern von der Umwelt, sie
gehen zu keiner Männerversammlung, sie haben keinen Sitz wo Menschen
versammelt sind und werden als Schatten betrachtet.
So unbedingt war der Anspruch auf Rache, das sie sogar an Göttern vollzogen
worden wäre, wenn es möglich wäre, wie Egil in einem Gedicht veranschaulicht.
Wenig Aussicht ist da, Odins Raubgut zu finden,
schwer lässt es sich aus dem Verlies des Schmerzes hervorholen, so geht es
dem Trauernden.
Das Meer rauscht vor der Tür da unten, wo das Helschiff des Gesippen angelegt
hat.
Mein Geschlecht neigt sich zum Falle wie des Waldes sturmgepeitschte Bäume.
Grimmig war die Lücke die, die Woge brach in den Sippschaftszaun meines Vaters,
ungefüllt, weiß ich und offen steht die Sohnesbresche, die, die See mir schlug.
Vieles hat mir Ran geraubt. Und ich stehe arm an Herzensfreuden. Meiner Sippe
Bande hat die See zerrissen, einen straff gedrehten Strang aus mir selber.
Und ich sage Dir könnt ich meine Sache mit dem Schwert verfolgen, da wäre es
um den Metbrauer getan. Könnt ich, da ginge ich zum Kampfe mit Ägirs Dirne.
Doch zu rechten mit des Sohnes Mörder, fühlt ich keine Macht.
Alle Welt sieht, wie leer es geworden hinter dem alten Manne, wenn er einher schreitet.
Mir hat das Meer vieles geraubt, Bitter ist es, gefallene Gesippen aufzuzählen,
seit er, der als Schild des Geschlechtes stand, aus dem Leben entwich auf die Wege
der Seelen.
Selber weiß ich’s, in meinem Sohne wuchs kein schlechter Manneskeim heran.
Was sein Vater sagte hielt er in Ehren, wenn das ganze Volk auch anderen Sinnes
war. Er hielt mich aufrecht in meinem Heime, stärkte meine Kraft gewaltiglich.
Oft kommt mir in den Sinn, das ich bruderlos bin. Wächst der Kampf, so sinne ich,
spähe aus und denke welcher andere Mann mir wohl zur Seite stehe, mit Mut zu
kühner Tat, wie es so oft mir Not tut.
Zaghaft wird zum Flug wenn Freunde fehlen.
Wer einen Sohn verloren hat muss einen anderen zeugen, kein anderer kann den
verlorenen Sprössling ersetzen. Mein Haupt ist gebeugt, seit er der zweite meiner
Söhne, vor dem Brand der Krankheit fiel, er, dessen Ruf unbefleckt war. Ich hatte
Vertrauen zu dem Gotte, aber er brach seine Freundschaft, und jetzt meine Lust ihn
zu verehren gering.
Ich bin dicht umringt, Hel steht am Vorgebirge, aber gutwillig mit heiterem Sinn
will ich sie erwarten.
Die Isländischen Gesetze erlauben Tötung auf der Stelle als Vergeltung für einen
Angriff oder einen Hieb auch wenn dieser keine Spuren an der Haut hinterlässt.
Im Falle von tieferen Hieben und Wunden und von Beschimpfungen ernsteren Charakters
kann der Kränker frei nieder gehauen werden wo und wann er vor der nächsten
Allthingversammlung angetroffen wird.
So lange ist die Rache zulässig. Geht man aber nach Hause und lässt die kleine
Kränkung an sich haften oder lässt Herbst, Winter und Frühling über die größere
Kränkung verstreichen, so hat man sein Recht auf eigenhändige Abrechnung verspielt.