Eine Gabe ohne Gegengabe, ohne Verpflichtung ist für die germanische Seele
undenkbar.
Die Gabe trägt eine Verpflichtung in sich, sie verbindet, unter welchen
Umständen sie auch gegeben wird, und zwar mit einer Verpflichtung deren
Wikingerzeitliches Schloss |
Stärke, wenn man ihr volles recht widerfahren lassen will, so kräftige Worte |
verlangt wie diese: Der Empfänger ist in der Gewalt des Gebers, eben weil die
Gabe die Gegengabe fordert. Welche auch in Form von Unterstützung oder anderer
Taten gefordert werden konnte.
Ein kluger Mann nahm keine Gabe an, bevor er mit dem Besitzers des Kleinodes
„den Sinn gemischt“ hatte und seine Pläne kannte.
Er überlegte ziemlich genau, welche Feinde der Geber hatte, was er wohl von dem
Empfänger als Gegengabe Verlangen könnte und ob es ihm und seiner Sippe von Vor-
oder Nachteil sein könne.
Die Wirkung die mit Austausch gegenseitiger Geschenke hervorgerufen wird hängt
vom Verhältnis der beiden zusammenstoßenden Heile ab.
Wenn ein Mann nach langem Dienst seinen Abschied nimmt und der König ihm das
Schwert das er lange selbst getragen hat, mit den Worten gibt:
„Ich glaube das Heil ihm folgen wird und damit sollst Du auch meine Freundschaft
haben“,
dann wird dem Manne zu dem Heil das er schon besaß etwas hinzugefügt, er bekommt
éra, Ehre wie das Geschenk im Altenglischem einfach genannt wird.
Aber so gewiss wie das Bündnis mit einem ebenbürtigen oder höherem einen Zuwachs
an Stärke bewirkt, so gewiss wird die Verbindung mit einem Heil niedrigen
Charakters sich als Hindernis erweisen. Die Zurückweisung eines Geschenks berührt
deshalb leicht wie eine Kränkung, wie ein klares und deutliches:
„Mein Heil ist zu gut“,
und gleichzeitig was das selbe besagt:
„Ich traue deiner Ehre deinem Willen nicht.“
Zwischen zweien die sich als ebenbürtig betrachten muss das schenken notwendigerweise
gegenseitig sein, damit der eine nicht durch List einen Vorteil gewinnt.
Das Geschenk des Gefolgsmannes ist etwas ganz anderes als das des Königs und deshalb
werden Königsgeschenke nicht auf gewöhnliche Weise gelohnt.
Wenn der König von Norwegen einem seiner Mannen einen Titel und Landsitz gab, wurden |
![]() Armreifen aus der Aggersborg |
Namen und Ehre mit vielen ehrenden Geschenken befestigt.
Ein Geschenk trägt etwas vom früheren Besitzer in sich, und sein früheres Dasein
wird sich offenbaren, ob der neue Besitzer es wünscht oder nicht.
Das Schwert das ein König verschenkt hat, hat nicht nur eine ungewöhnlich scharfe
Spitze, ein besonders schönes Heft – es hat Heil im Schlagen.
Geschenke bedeuteten eine Erhöhung der eigenen Ehre, den nur wer viel Ehre und Heil
besaß wurde damit geehrt, nur mit einem solchem Mann wollte man seine
Hamingja vermischen, und die Geschenke waren ein nach außen für andere
sichtbares Zeichen, eine Sichtbarmachung der Im Manne angehäuften Ehre.
Es wurde vom Geber eines Geschenkes erwartet das er die Gabe mit guten Wünschen
begleitete als Zeichen das nicht nur das Schwert, sondern auch das was in ihm wohnt
weitergegeben wird:
„Ich will dir dieses Schwert geben, mögest du sein genießen",
dieser Wunsch ist auch noch in dem alten Wort neótan enthalten, was von
einer Waffe gesagt bedeutet, ihre Kraft in sich aufnehmen und sie mit Herrschaft über
ihr Heil und ihre Seele von innen bewegen und sie dann mit Macht schwingen.