Ibn Fadlan berichtet von einem Begräbnis der Rus an der Wolga, bei dem
er zugegen war:
„Ein Schiff wurde an Land gezogen. Vier Eckstützen wurden zurecht gemacht, und
rundherum standen große Menschenähnliche Holzbilder.
Dorthin zog man das Schiff und stellte es zwischen die Stützen.
Die Männer gingen dazwischen hin und her und sprachen Worte die ich nicht begriff.
Der Tote lag noch abseits in einer Mulde, aus der man ihn noch nicht geholt hatte.
Dann nahm man ein Bank, stellte sie auf das Schiff und bedeckte sie mit gepolsterten
Kissen, aus griechischem Seidenbrokat und mit Kopfkissen aus dem selben Stoff.
Grabkammer von Sutton Hoo |
Dann kleidete man den Toten in Hosen, Socken, Stiefel Kaftan |
und Mantel aus Gold durchwirktem Stoff mit Goldknöpfen und in eine Mütze aus
Seidenbrokat, besetzt mit Marderfellen.
Nachher legte man ihn in das Zelt auf dem Schiff, setzte ihn auf die gepolsterten
Decken, stützte ihn mit Kissen und trug Rauschgetränke heran, Früchte und
wohlriechende Pflanzen und stellte alles neben ihn hin.
Auch Brot, Fleisch und Zwiebeln setzte man vor ihm hin. Darauf holten sie einen
Hund, schnitten ihn in zwei Teile und warfen ihn auf das Schiff.
Dann wurden zwei Ochsen herangebracht, ebenfalls zerstückelt und auf das Schiff
geworfen.
Schließlich kamen sie mit einem Hahn und einer Henne, schlachteten auch diese und
warfen sie hinein.
Als der eben genannte Mann verstorben war, fragte man seine Sklavinnen:
Wer will mit ihm sterben ?
Eine von ihnen antwortete Ich.
Sie wurde zwei anderen Mädchen übergeben, die sie bewachen und begleiten mussten,
wohin sie auch ging.
Ja, manchmal wuschen sie ihr sogar die Füße.
Das Mädchen trank inzwischen jeden Tag, sang und war munter und zufrieden.
Am Beerdigungstag besuchte sie die Männer der Reihe nach in ihren Zelten, wurde
zu einem Rahmen ähnlichen Kultgestell geführt und auf den Handflächen der Männer
dreimal hoch gehoben, wobei sie laut Dolmetscher sagte:
„Schaut, hier sehe ich meinen Vater und meine Mutter.“ |
Schiffsgrab Steinsetzung |
„Schaut, jetzt sehe ich alle meine Toten Anverwandten zusammen sitzen.“
Und das dritte mal:
„Schaut, ich sehe meinen Herrn im Jenseits sitzen und es ist so schön, so grün.
Bei ihm sind Männer und Diener.
Er ruft mich. Lasset mich zu ihm gehen.
Man führte sie zum Schiff, nahm ihre beiden Armreifen ab und gab sie der Frau,
die man den Todesengel nannte und von der sie getötet werden sollte.
Auch ihre beiden Fußreifen nahm sie ab und gab sie den beiden Mädchen an ihrer
Seite, welche die Töchter des Todesengels waren.
Dann hob man sie aufs Schiff, ließ sie aber noch nicht ins Zelt hinein. Jetzt
kamen Männer mit Schilden und Stäben und reichten ihr einen Becher mit einem
Rauschgetränk.
Sie nahm ihn, sang und leerte ihn.
Hiermit sagte der Dolmetscher, nimmt sie von ihren Freunden Abschied.
Dann reichte man ihr noch einen Becher. Sie griff ihn und sang ein langes Lied.
Da befahl die Alte sich zu beeilen, den Becher zu leeren und ins Zelt des Toten
Herrn zu treten. Aber sie war ängstlich und unentschlossen geworden.
Sie wollte zwar ins Zelt treten, steckte aber doch nur den Kopf hinein. Gleich
packte die alte Frau sie am Kopf und führte sie an ihrer Seite ins Zelt.
Sogleich fingen die Männer an mit den Stäben auf die Schilde zu schlagen, damit
ihr Geschrei nicht zu hören war, denn sonst konnten die anderen Frauen sich
erschrecken und nicht mehr willens sein, selbst einmal mit ihrem Herrn zu sterben.
Dann gingen sechs Männer ins Zelt und verkehrten alle der Reihe mit ihr.
Hügelgrab von Oleg |
Nachher wurde sie an der Seite ihres Herrn ausgestreckt. |
zwei Ihre Hände und das alte Weib, Todesengel genannt, legte eine Schlinge um ihren
Hals, reichte zwei Männern die Enden um daran zu ziehen, trat selbst mit einem großen,
breiten Messer herzu, stieß es zwischen ihre Rippen und zog es wieder heraus.
Die beiden Männer würgten sie mit der Schlinge bis sie starb.
Nun kam der nächste Verwandte des verstorbenen, griff ein Stück Holz, zündete es an
und ging rückwärts zum Schiff mit dem Holz in der einen Hand und der anderen auf
seinem Hinterteil – denn er war nackt – bis das Holz unter dem Schiff brannte.
Dann kamen auch die anderen mit Hölzern, die schon an der Spitze brannten und warfen
sie auf den Scheiterhaufen.
Bald brannte er lichterloh, erst das Schiff, dann das Zelt, der Mann, das Mädchen
und alles was auf dem Schiff war. Es dauerte nicht lange, bis das Schiff, das Holz,
das Mädchen und der Tote zu Asche verwandelt waren.
Gotländische Steinsetzung |
An der Stelle, wo das aus dem Fluss gezogene Schiff gestanden hatte, schütteten sie
dann einen
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runden Hügel auf und errichteten in seiner Mitte einen Pfahl aus Buchenholz, auf dem
sie den Namen des Toten und den Namen des Königs der Rus schrieben.
Dann gingen sie fort.“
Dieser Bericht deckt sich im wesentlichen mit denen von Ibn Dustah und Massudi.
Es gab aber nicht nur Brandgräber und auch nicht nur Schiffsgräber, was wohl schon
daran gescheitert wäre, das nicht jeder ein Schiff zur Hand hatte. Was nicht unbedingt
daran lag das es unhandlich war, sondern eher daran das es teuer war.
Ebenso verbreitet war es bei Schiffsgräbern, die Schiffe ohne vorherige Einäscherung
mit einem Hügel zu bedecken.
Viel verbreiteter war das Kammergrab, in dem mit Holzbohlen eine Kammer gebildet wurde
in die der, oder die Tote samt Beigaben gelegt wurde und diese Kammer anschließend mit
einem Hügel überdeckt wurde, oder das Schiffssteingrab.
Bei dem um das Grab herum aus Steinen der Umriss eines Schiffes gebildet wurde. |
Grabhügel, im Vordergrund eine Schiffssteinsetzung |
Nicht zu vergessen die leeren Hügel.
Welche aufgeschüttet wurden um dem Toten der in der fremde gefallen oder verschollen
war eine Wohnstätte bei der Sippe zu schaffen.
Was aber alle Gräber gemeinsam haben sind die Grabbeigaben. Anhand dieser Beigaben
ist es auch Möglich zu ersehen ob der Tote arm oder Reich war und womit er seinen
Lebensunterhalt bestritt.
Die Beigaben entsprachen den Dingen die sie auch im alltäglichen Leben gebraucht haben.
So bekam der Schmied neben anderen Dingen des alltäglichen Lebens, Hammer und Amboss,
der Jäger Pfeil und Speerspitzen, der Krieger Waffen und der Händler Waage und Gewichte
mit auf die Reise.
Die Sitte Gedenksteine aufzustellen kam erst so gegen 1000 auf, wobei die Texte immer
kurz gehalten waren:
Stig errichtete dieses Denkmal für Öjvind, seinen Sohn. Er fiel im Osten.
Oder:
Ingefast ließ den Stein behauen für Sigfvid, seinen Vater. Er fiel in Holmgard als
Schiffsführer mit seiner Mannschaft.
Die Silberschätze zu vergraben hatte sicherlich auch den Sinn sie vor Feinden zu
verbergen, aber nach Snorre sollten die Toten in Walhall das zu ihren
Lebzeiten von ihnen vergrabene Silber genießen.